Das Bild hängt auf der Veranda des Gasthofs Eggwirt in St. Walpurg im Ultental, der übrigens viel Geschichte atmet. Foto: Jane Kathrein
'Das Schönste ist doch, eine neue Tour auszuchecken, die ersten Schritte durch eine dir unbekannte Gegend alleine zu machen ", schreibt mir ein alter Schulkollege, der selber viel unterwegs ist in den Bergen. Ich freu mich immer kindlich, wenn ich Menschen begegne, denen ich die Faszination des Draußenseins nicht in Worte packen muss weil sie es selbst entdeckt haben. Auch schön ist es diese Landschaft anderen erfahrbar zu machen, den Funken der Begeisterung zum Überspringen bringen und es in den freudigen Gesichtern ablesen, ich glaube wir Wanderführer sind eine Art Botschafter für LandSchaft und Lebewesen, im besten Fall. Vielen von uns ist das gar nicht so bewusst.
Guideleben. Wenn man das zum Beruf machen kann, was einem Freude macht, hat man viel erreicht. Dahinter und davor steht dennoch Arbeit, die wir sorgfältig angehen (sollten), weil wir Verantwortung für eine Gruppe von Menschen tragen, die uns meistens bis zum ersten Treffen unbekannt ist. Und hier scheiden sich dann auch die Geister, während die einen Guids Gäste sofort ausschließen, "weil sie sich den Stress einfach nicht mehr antun wollen", schauen die anderen was an der Situation verbesserbar wäre sodass es doch noch zum erhofften Gipfelglück kommt. Ich kann beide Haltungen verstehen und tendiere noch zu letzterem, manchmal geht das nicht
so schade das dann auch ist. So kann ich eine gelöste Schuhsohle am Berg notfalls mit Kabelbinder oder Gaffer fixieren, aber eine Alpenüberquerung setzen wir in diesen Schuhen nicht mehr fort. Das bedeutet dann vielleicht für den Betroffenen einen Tag pausieren, wenn in der Nähe ein Schuhgeschäft erreichbar ist, oder den Abbruch der Reise. Das ist nie angenehm. Vieles kann sich ereignen auf dem Weg, vieles denkt man als Guide schon vorab durch, visualisiert Szenarien im Kopf um im Notfall schnell reagieren zu können. Das machen übrigens auch Alpinkletterer so oder Hochleistungssportler. Das gehört zum Arbeitsalltag.
In der Brenta von einem Gewitter eingeholt. Dier Wirtsleute der Malga spora machen Platz für durchnässte Wanderer und dann heißt es warten, zwei Stunden lang dauert der Regen. Manche durchtrinken die Zeit mit Rotwein, Nudeln mit Butter und Parmesan, guten Gesprächen, aber irgendwann wollen alle nur eins: wieder Losgehen. Der Regen endet, die Sonne kommt hervor und flugs ist auch die Hütte wieder leer.
Das Wetter, das ist nicht hundertprozentig vorhersehbar. Wenngleich sich Meteorologen echt bemühen und die Prognosemodelle immer besser werden, Gewitter haben ihre eigene kleinräumliche Dynamik. Wenn man das was einen freut zum Beruf macht, kann man sich das beste Wetter für eine Wanderung nicht mehr aussuchen, der Ablauf orientiert sich nach dem Terminkalender. Dann stapft man manchmal bei strömendem Regen durch die Alpen oder über Neuschnee, sobald aber die Sicherheit der Teilnehmer bedroht ist heißt das Abbruch, mitunter auch Programmänderung. Diese Freiheit hat der Guide, es ist zugleich auch eine Belastung, wenn sich Wünsche nicht erfüllen lassen, weil das Wetter nicht mitspielt. Die meisten Mitwanderer verstehen das, aber nicht alle. Dann kann schon mal die Stimmung kippen und man wird als Guide zum Gruppentherapeut, der man eigentlich in gewisser Weise jeden Tag dieser gemeinsamen Reise ist, da ein aufmunterndes Wort, dort ein klarer Blick auf die Dynamik oder die ersten Blasen, die sich abzeichnen... Manche versuchen ihre Wehwechen bis zuletzt geheim zu halten, aber es kommt dann doch ans Tageslicht. Das Wort Therapeut ist jetzt vielleicht zu groß gegriffen, man ist Begleiter durch alle Wanderlagen und hat in manchen Fragen mehr Erfahrung als der Großteil der Gruppe.
Auf zu einem neuen Abenteuer. Tief durchatmen. "Das Schönste ist doch die ersten Schritte alleine zu machen." DAS darf man auch inhalieren, neben dem Prickeln und den offenen Fragen. Ein neues Abenteuer beginnt, denn von Berchtesgaden zu den 3 Zinnen soll es heuer erstmals gehen. "Hast du nicht schon genug erlebt auf deinen bisherigen Wanderungen", fragt ein lieber Freund, er zittert immer mit, wenn ich in den Bergen unterwegs bin. "Muss es noch höher hinaus?" Müssen nicht, aber es wär schön die nächste Hürde zu nehmen, eine neue Gegend kennenzulernen.
Wenngleich das eine viel begangene Route ist und die Infrastruktur top, bleibt doch dieses elektrisierende Flirren im Innen, der Blick in die Wetter Apps begleitet mich seit Tagen. Wann ist der beste Tag um los zu starten? Eingebunden in das Leben hier, ist es uns manchmal nicht möglich spontan aufzubrechen am besten Tag, danke hier an meine Familienbande, die da immer wieder unterstützt sodass ich meinen kleinen Traum leben kann und an meine Kollegen, die ich auch mit den "doofsten" Fragen sogar nachts konfrontieren darf. Ich weiß, keine Frage ist wirklich doof, aber "alten Berghasen" entlocken die Fragen der "Jüngeren" manchmal ein Schmunzeln. :-)
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